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Wie Musik meine Laune steuert

WIE MUSIK MEINE LAUNE STEUERT: Jeder kennt die Tage, an welchen man schlicht und ergreifend mit dem falschen Fuß aufsteht. Der Kaffee schmeckt nicht mehr, der Bus nervt und die Kollegen sind heute irgendwie alle blöd. Tage an denen es kaum noch Schlimmer werden kann, denkt man.

Was aber tun, wenn aus den Tagen Wochen oder gar Monate werden. Wie hieß es im Schuh des Manitu so schön: „Ich bin mit der Gesamtsituation unzufrieden“.

Wörter: ~1000 | Geschätzte Lesezeit: 7min


Gliederung

1. Einleitung
2. Sein eigenes "Frustlevel" erkennen
3. #Jugendforscht
4. Woche 1
5. Woche 2
6. Take Home Message

1. Einleitung

Jeder kennt die Tage, an welchen man schlicht und ergreifend mit dem falschen Fuß aufsteht. Der Kaffee schmeckt nicht mehr, der Bus nervt und die Kollegen sind heute irgendwie alle blöd. Tage an denen es kaum noch Schlimmer werden kann, denkt man. Was aber tun, wenn aus den Tagen Wochen oder gar Monate werden. Wie hieß es im Schuh des Manitu so schön: „Ich bin mit der Gesamtsituation unzufrieden“.

2. Sein eigenes "Frustlevel" erkennen

Bei einigen meiner Athleten stellte ich diesen Zustand der Unzufriedenheit auch fest. Auf dem Feld oder im Kraftraum fehlte mir als Trainer die korrekte Arbeitseinstellung, die Leidenschaft und Spaß an der Sache. In Gesprächen mit den Sportlern fand ich nur wenig was ich, als Außenstehender, als wirklich gravierenden Grund für das Tief feststellen konnte. Gefühlt endloslange Gespräche oder die verschiedensten Ideen verpufften bereits im Ansatz. Mehr oder weniger frustriert sprang ich wieder ins Auto und legte meine favorisierte Playlist ein. Textsicher sang ich natürlich wieder mit. „ich will hier nicht sein“, „Kein Bock“, „Harter Weg“ und „Komplett im Arsch“... Moment mal!? So einfach kann es ja doch nicht sein?

3. #Jugendforscht

Kurzerhand entschloss ich mich zum Selbsttest. Eine kleine aber feine Beobachtung meiner selbst und wie ich mich so fühle.

Meine Bedingungen:

  • Zwei vergleichbare Wochen
  • Nach Möglichkeit keine Veränderungen meiner Routinen
  • Zwei verschiedene Playlist („Playlist 1 – Immer noch kein Bock“ für Woche eins und „Playlist 2- Gute Laune“ für Woche zwei)
  • Abspielen der Musik mindestens zwei Mal am Tag
  • Ein kurzes Protokoll meines „Gemütszustands“
  • Check your songs

Erste Hausaufgabe als Vorbereitung für meinen Test war die Erstellung meiner Playlists. Um meinen persönlichen Eindruck nicht zu verfälschen entschied ich mich, meine bisherige Playlist nicht zu verändern. Ich hatte unglücklicherweise bereits genügend negative Texte und aggressive Musik in diversen Sprachen am Start – das sparte mir zumindest etwas Zeit.

Meine zweite Playlist gestaltete sich etwas schwieriger. Als Freund des Rocks, Heavy Metal und zum Teilen auch des Hip-Hops konnte ich mir unter „Guter Laune Musik“ eigentlich nichts vorstellen. Mein Retter in diesem Fall waren die diversen „Gute Laune Pop“- oder „Gute Laune Rock“ Listen, die online über alle möglichen Anbieter zu finden waren. Auch das ein oder andere Lied, das ich mit dem Urlaub verband, packte ich schnell auf meine Liste (auch wenn ich den Text dann zum Teil nicht mehr verstehen konnte).

Gut vorbereitet und mit klaren Rahmenbedingungen startete ich mein kleines Experiment.

4. Woche 1

In Woche eins begann ich wie üblich meinen Montagmorgen gegen 5:30Uhr. Aus dem Bett ins Büro zur Arbeit. Auf den Weg dahin hörte ich wie üblich meine Playlist. Natürlich achtete ich bewusster auf meiner Gemütslage musste aber feststellen, dass ich mich weder kreuzunglücklich noch super motiviert gefühlt habe. Der gewohnte Alltagstrott mit all den Routinen wurde abgespult. Ich achtete penibel darauf, dass ich mir meine „Keine-Bock-Mucke“ mindestens zwei Mal am Tag reingezogen habe. Ich hörte sie auf dem Weg zur Arbeit, vor dem Sport, während der Arbeit und auf dem Weg nach Hause. Wenig überrascht stellte ich am Ende der Woche fest – eigentlich ist es wie immer. Ich war weder kreuzunglücklich, noch wäre mir sonst etwas Negatives aufgefallen. Natürlich stresste mich der Münchner Straßenverkehr und die ein oder andere Interaktion mit Menschen, aber im Grunde war alles wie gewohnt.

4. Woche 2

Große Erwartungen hatte ich eigentlich nicht an diese Woche. Der Büroalltag stand wieder an. Also stand ich um 5:30 Uhr auf, um in die Arbeit zu bewegen. Ich änderte meine Playlist und war erst einmal irritiert, dass ich nun nicht mehr alle Texte im Kopf hatte. Meine erste Reaktion auf den Playlistwechsel viel damit auch zunächst negativ aus. Die ersten Male spürte ich auch nur wenig Veränderung. Die Arbeit war dieselbe, der Münchner Verkehr nach wie vor stressig und beim Sport hatte ich eher das Bedürfnis etwas Rockigeres zu hören. Dass Gewohnheiten umstellen nie toll ist, wusste ich vorher, dennoch dachte ich, schneller Ergebnisse zu erfahren.  Als ich meine Playlist- gefühlt- das hundertste Mal in drei Tage anmachte, saß ich wieder im Auto auf dem Weg nach Hause. Wie üblich war der Verkehr ziemlich zäh. Um mich herum wieder „Mittelspurschleicher“, Drängler oder Autofahrer, die es nicht für nötig halten zu blinken. Der übliche Käse dachte ich mir und drehte die Musik lauter auf. Ich hörte in mich und stellte verwundert fest: Ich war nur halb so zornig, wie ich es noch Anfang der Woche war. Interessiert beobachtete ich meine Emotionen über die nächsten Tage. Im Straßenverkehr wie auch im Büro konnte ich nach knapp fünf Tagen und wirklich sehr intensives hören meiner „Gute-Laune-Playlist“ bemerkenswerte Veränderungen wahrnehmen. Meine Zündschnur hatte ich sich im Laufe der Tage zwar nicht viel aber für mich immerhin spürbar verlängert. Immer dann, wenn ich mich tierisch aufregen wollte und ich die Möglichkeit hatte mit meiner Musik zu intervenieren, verflog der Ärger. Nach sieben Tagen stellte ich im Allgemeinen fest, dass ich deutlich gelöster an die kritischen Themen ging, mich auch weniger aufregen musste und gerade am Morgen wesentlich „leichter“ den Weg ins Büro anging.

5. Take Home Message

Der Drang, meine Beobachtungen durch meine Athleten zu bestätigen, fügte ich für die Athleten eine kleine Hausaufgabe in unserem Performance-Tagebuch hinzu. Hier sollten meine Sportler ähnlich bewusst ihre „Daily-Playlist“ überarbeiten.

Das Ziel meiner Bemühungen war nun:
Einen allgemeinen positiven Gemütszustand durch die Basisplaylist zu erzielen. Gerade die Musik, die ich täglich konsumiere, sollte mir nicht sagen, wie schwer das Leben ist. Situativ, wenn sich meine Athleten für den Wettkampf oder das Training aufheizen wollten, durfte (und sollte) die Playlist entsprechend angepasst werden. Das Schaffen des Verständnisses für das Setzen der Kontrapunkte, insbesondere dann, wenn sich die Sportler schlecht fühlten, war das Ziel. Die Musik sollte bewusst eingesetzt werden, um die Emotionen zu steuern und die Gefühlslage positiv zu manipulieren.

Überraschend war für mich das durchweg positive Feedback. Gerade in meinem Sport (American Football), bei welchem die Männlichkeit überaus gerne betont wird, zeigte sich auf, dass die musikalischen Kontrapunkte sehr gut funktionieren. Dies zeigt die Effektivität dieser Intervention auf.

 

 

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