Tags sind wir wach und nachts schlafen wir. So bekommen wir es schon seit klein auf gelehrt und unsere innere Uhr erinnert uns immer wieder daran, dass wir ihr Untertanen sind. Doch woran liegt das eigentlich? Der zirkadiane Rhythmus lässt uns kaum eine Wahl. Wir sind ihm, einem 24-Stunden-Takt zwischen Helligkeit (wach) und Dunkelheit (schläfrig) unterworfen. Unsere biologische Uhr sitzt gleich hinter der Nasenwurzel in einem erbsenkleinen Gebiet, in der Hirnbasis.
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Wie stark Licht im Allgemeinen unseren Schlaf-Nacht-Rhythmus beeinflusst, wird bei Reisen in andere Zeitzonen besonders deutlich. Der Organismus braucht zwar ein paar Tage, aber dann ist der Jetlag vorbei, und der Körper hat sich an die verschobene Abfolge von Tag und Nacht angepasst. „Die Ursache dafür ist die innere Uhr, die zuerst vom neuen Licht-Dunkel-Wechsel auf die lokale Zeit geeicht werden muss.“ (Le Ker, 2014) Das Hormon Melatonin, der Zeiger der inneren Uhr, wird bei Dunkelheit von der Zirbeldrüse im Gehirn ausgeschüttet. Helligkeit hingegen hemmt die Sekretion des Hormons.
Bei vielen Städten in den Ballungsgebieten wird es nachts nicht mehr so richtig finster. Grelle Leuchtreklamen, Laternen an Straßen, Autoscheinwerfer, Fassadenbeleuchtungen, sie alle verdrängen die Dunkelheit. Welche Ausmaße das angenommen hat, zeigt uns folgendes Foto:
Das Foto zeigt die künstliche Aufhellung des Nachthimmels
- auch Lichtverschmutzung genannt!
Doch wie wirkt sich diese auf uns aus?
In Deutschland schlafen 11% dreimal in der Woche schlecht ein, 25% kennen Durchschlafprobleme. Diese Probleme sind nicht nur auf die Lichtverschmutzung außerhalb des Raumes in Verbindung zu bringen. Denn unsere Handy- und Tablet-Bildschirme sind ein wahres Epizentrum für schlechten Schlaf. Sie strahlen blaues Licht aus und das sagt unserem Körper: Augen auf!
Der Grund ist, dass spezielle Photorezeptoren in unserer Netzhaut auf blaue Wellenlängen um 480 Nanometer besonders empfindlich reagieren. Sie produzieren das Protein Melanopsin. Dieses befindet sich in den Nervenzellen des Auges und dient der Wiedergabe der Umgebungshelligkeit. Darüber wird die Wahrnehmung von Licht an unsere innere Uhr im Gehirn weitergeleitet. Zudem ist durch Nervenfasern mit der Melatonin-produzierenden Zirbeldrüse verbunden.
Erstaunlicherweise hat dies nichts mit dem Sehen zu tun. "Selbst gewisse Blinde können mit achtzigprozentiger Genauigkeit sagen, wann eine blaue Lichtquelle ein- oder ausgeschaltet ist", sagt Cajochen. "Bei anderen Wellenlängen gelingt ihnen das nicht."
In einem Experiment in Basel wurde die Wirkung des blauen Lichts nachgewiesen. Man unterscheidet zwei Gruppen von Probanden: Eine Gruppe wurde dem blauen Licht mit einer Brille ausgesetzt, der Anderen nicht. Nach der Computer-Sitzung wies die Gruppe, welche mit dem blauen Licht in Kontakt getreten ist, eine deutlich geringere Anzahl an dem Schlafhormon Melatonin auf.
Die Gruppe, welche dem blauen Licht nicht ausgesetzt war, fühlte sich zudem deutlich müder.
Ähnliche Ergebnisse hat Mariana Figueiro vorgelegt, die am Lighting Research Center des Rensselaer Polytechnic Intstitute in Troy (Bundesstaat New York) arbeitet und 13 gesunde Probanden nach unterschiedlicher Bildschirmarbeit untersucht hat. "Unsere Studie zeigt, dass zweistündiges Arbeiten am Bildschirm die Melatoninkonzentration um 23 Prozent reduzieren kann", sagt Figueiro.
(vgl. Spiegel, 2014)
Möchtest du also deine Regenerationsphase optimieren und fitter in das nächste Training starten, empfiehlt es sich, das blaue Licht aus dem Schlafzimmer zu verbannen und eine halbe Stunde vor dem Schlafengehen auch nicht mehr in Kontakt zu treten.
In Namibia, Tansania und Bolivien zeichneten US-Forscher die Schlafgewohnheiten von „Buschleuten“ auf.
Die Untersuchung beinhaltete knapp 1200 Nächte. Drei weit voneinander entfernte Völker, welche eine Gemeinsamkeit hatten: Sie haben eine finstere Nacht. Das Ergebnis ist verblüffend: Trotz der Finsternis schliefen die 94 Probanden ca 5,7-7,1 Stunden.
Sie schlafen also nicht länger als die von der Luftverschmutzung eingehüllten Menschen, jedoch ruhiger. Von ständigen Hin- und Her wälzen im Bett war keine Spur! (vgl. RNZ)
Experten tüfteln an neuen Lösungen, um dieses Problem zu vermeiden. Es gibt schon eine Menge Apps, welche das Licht des Bildschirms der Tageszeit anpassen. Tagsüber mehr blaue Wellenlängen, abends mehr rote und gelbe. Eine gute Option wäre: f.lux.
Es würde unserem Körper jedoch ebenfalls gut tun, die elektronischen Geräte abends 1h vor dem Schlafen auszuschalten.
Wissenstransfer:
- Licht und speziell blaues Licht hat einen erheblichen Einfluss auf die Schlafqualität
- Je dunkler der Raum, desto mehr Melatonin wird ausgeschüttet
- Der Melatoninspiegel regelt den Tag-Nacht-Rhythmus
- Verbanne alle Lichtquellen aus dem Schlafzimmer und vermeide helles oder blaues Licht 30-60min vor dem Schlafen