Quelle Bild: https://www.mtc.ch/blog/2015/02/ist-krafttraining-bei-kindern-schaedlich/
LANGE ZEIT GALT EIN KRAFTTRAINING IM KINDES- UND JUGENDALTER ALS SINNLOS UND GEFÄHRLICH. DOCH HEUTE WISSEN WIR, DASS EIN GEZIELTES, GUT ANGELEITETES KRAFTTRAINING SCHON IM FRÜHEN ALTER DURCHAUS FÖRDERLICH IST. ATHLETIKTRAINER ANDREAS DINKELMEYER ÜBER DEN STAND DER HEUTIGEN WISSENSCHAFT, DIE POSITIVEN GESUNDHEITLICHEN UND LEISTUNGSSTEIGERNDEN EFFEKTE EINES KRAFTTRAININGS IM KINDES- UND JUGENDALTER UND ÜBER DIE IMPLEMENTIERUNG IN DIE LANGFRISTIGE ATHLETENENTWICKLUNG.
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Krafttraining bei Kindern und Jugendlichen - Gesundheitliche, leistungssteigernde Effekte und die langfristige Athletenentwicklung
Gliederung
- Das Verletzungsrisiko
- Gesundheitliche Vorteile
Über die vielen Vorteile eines Krafttrainings im Erwachsenenalter wissen wir Bescheid. Doch selbst heute noch wird von einem Krafttraining für Kinder und Jugendliche meistens abgeraten. „Krafttraining in dem Alter macht überhaupt keinen Sinn, das bringt nichts“ oder „Mit solchen Gewichten verletzten sich die Kinder nur“, so oder ähnlich hört man es häufig aus den Mündern von Eltern, Freunden, aber auch Trainern. Diese Argumente kommen jedoch vor allem durch ein mangelndes Studiendesign früherer wissenschaftlicher Arbeiten zustande. Die heutige Wissenschaft zeigt nun, dass Kinder und Jugendliche durchaus von einem Krafttraining profitieren können, ohne dabei ein hohes Risiko von Verletzungen einzugehen.
1. Das Verletzungsrisiko
Es sollte für jeden Trainer klar sein, dass in allen Altersklassen und in jeder Sportart immer ein gewisses Verletzungsrisiko vorhanden ist. Somit haftet auch dem Krafttraining mit Kindern und Jugendlichen genauso ein gewisses Risiko an. Allerdings ist der kindliche und jugendliche Körper weitaus belastbarer, als viele denken. Kinder besitzen einen natürlichen Bewegungsdrang. Sie wollen ständig rennen, springen und spielen. Bei derartigen Belastungen sind sie durch Bodenreaktionskräfte häufig dem 5- bis 7-Fachen ihres Körpergewichts ausgesetzt. Diese Belastungen sind im Hinblick auf Dauer und Intensität weitaus größer als bei einem Training der Maximalkraft. Krafttraining stellt vor allem hier – durch die Möglichkeit, die Belastung individuell progressiv zu steigern – eine sicherere Trainingsmöglichkeit als andere Sportarten dar.
Ein gut gestaltetes Programm kann den Körper langsam auf intensivere Belastungen vorbereiten und ist somit sehr wichtig für die Prävention von Sportverletzungen. Verletzungen können geschehen, im Regelfall aber nur, wenn das Training nicht progressiv aufgebaut ist, eine schlechte Technik vorhanden ist und kein qualifizierter Coach das Training anleitet. Studien belegen mittlerweile: Krafttraining ist sicherer als viele andere Sportarten im Kindes- und Jugendalter!
Häufig hört man aber trotzdem noch: „Durch Krafttraining verletzen sich die Kinder an den Wachstumsfugen und das Wachstum wird gestört.“ In der Tat ist die sogenannte Epiphysenfuge weniger belastbar als das restliche Gewebe bei Kindern. Vor allem im Zuge des pubertären Wachstumsschubes stellt sie eine anfälligere Struktur dar. Hierzu schrei- ben Faigenbaum & Myer in ihrem Review-Artikel, dass nur in 6 Fallberichten von Verletzungen im Bereich des Wachs- tumsknorpels berichtet wurde. Jedoch lag dies an mangelnder Technik, viel zu hoher Intensität oder schlechter Betreuung. Insgesamt sind bei 22 untersuchten Studien nur 3 Verletzungen aufgetreten. Keine davon im Bereich der Epiphysenfuge. Keine Studie berichtet über Einschränkungen im Wachstum durch Kraft- training.
2. Gesundheitliche Vorteile
Immer öfter wird ein Krafttraining im Erwachsenenalter empfohlen, um ein langes, gesundes Leben zu führen. Wa- rum existiert dann keine Empfehlung für Kinder und Jugendliche? Ein Training im Kraftraum führt selbst in jungen Jahren zu gesundheitlichen Vorteilen.
Einer dieser Vorteile bei Kindern ist die erhöhte körperliche Betätigung im späteren Leben. Durch das Training legen wir einen Grundstein für einen allgemeinen, gesunden Lebensstil. Zusätzlich wird das psychische Wohlbefinden der Kinder durch ein Krafttraining verbessert. Vor allem das Selbstbewusstsein, die mentale Disziplin und der Spaß an Bewegung werden gefördert. Dieser Spaß an Bewegung kann vor allem für Kinder mit Übergewicht ein wichtiger Schritt sein, um langfristig gesund zu leben. Krafttraining bietet eine gute Alternative zu einem Ausdauertraining. Durch die oftmals mangelnde Bewegung sind viele Kinder nicht fit genug für längere Ausdauerbelastungen. Mithilfe des gut steuerbaren Krafttrainings können wir die Kinder auf intensivere Belastungen vorbereiten und Verletzungen vermeiden. Zum anderen bietet das Krafttraining mehr Abwechslung und ist in einer spielähnlichen, intervallartigen Form aufgebaut. Meistens macht deshalb ein Krafttraining den Kindern mehr Spaß und wir können auf die Körperkomposition einen großen Einfluss ausüben.
Einer der wohl wichtigsten gesundheitlichen Vorteile ist jedoch der Einfluss auf die Knochengesundheit. Viele Studien belegen, dass es durch körperliche Aktivität mit intensiven Belastungen zu einer Zunahme der Knochenmassen und Verbesserung der Knochenmineraldichte kommt (vgl. Bass, 2000; Hind & Burrows, 2007). Zu diesen Aktivitäten zählt auch Krafttraining. Vor allem ein plyometrisches Training, wenn es progressiv aufgebaut ist, bietet einen guten Stimulus, um die physiologischen Anpassungen in Gang zu setzten. Diese Anpassungen des kindlichen und jugendlichen Körpers an intensive Belastungen sind lange bekannt. Seit einiger Zeit weiß man, dass junge Tennisspieler eine höhere Knochenmasse besitzen als die durchschnittlichen Kinder in ihrem Alter. Diese Adaptationen fallen im Erwachsenenalter leider geringer aus oder finden gar nicht statt und sind zudem reversibel. Wenn wir aber die Reize im Kindes- und Jugendalter setzen, kann man im Erwachsenenalter mit einer größeren Knochenmasse als im Altersdurchschnitt rechnen. Dies zeigt sich bei Leistungssportlern, die lange nach ihrem Karriereende weiterhin eine höhere Knochenmasse gegenüber der Durchschnittsbevölkerung aufweisen. Somit stellt ein Krafttraining einen wichtigen Punkt zur Prävention von Osteoporose und Frakturen dar.
Der komplette Artikel ist im Functional Training Magazin (Print), Ausgabe 01/18, zu finden
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